
Interaktion mit Klang – Klang durch Interaktion
„Klang“ und „Skulptur“ sind Begriffe, die die meisten problemlos zu definieren und einzuordnen wissen. Was aber bedeuten sie in der Kombination? Und wie sieht sie aus – eine Klangskulptur? Seit November 2024 entwickelt der Sounddesigner Quirin Nebas im Artistic Research Lab des ligeti zentrums interaktiv nutzbare Ausstellungsstücke. Einblicke in die Projektentwicklung
ligeti zentrum: Worum geht es in dem Projekt „Klangskulpturen“?
Quirin Nebas: Klassischerweise könnte man mit dem Begriff „Klangskulptur“ ein skulpturales Element assoziieren – eine Skulptur, die klingt oder Klänge erzeugt. In der Interpretation meines Projekts im ligeti zentrum steht die menschliche Interaktion im Vordergrund. Der Ansatz beschränkt sich also nicht auf das Materielle, sondern nähert sich dem Begriff „Skulptur“ ein bisschen freier: Wie formt Klang die Luft im Raum? Was überhaupt ist Klang? Und wie erfährt ihn der Mensch?
Die Grundidee ist eine interaktive, selbstwirksame Erfahrung von Klang, die im Rahmen einer niedrigschwelligen Ausstellungssituation ermöglicht wird. Sie soll sich nicht nur an Fachleute und ein audioversiertes Publikum richten, sondern ein möglichst breites Publikum ansprechen. Es geht darum, Interaktionen und Erfahrungen zu schaffen, die einfach funktionieren, im Sinne einer Ausstellung aber gleichzeitig so anregend sind, dass Besucher:innen den Klang weiter erkunden wollen. Dem Spiel- und Experimentierfaktor kommt dabei eine zentrale Rolle zu.
ligeti zentrum: Brechen wir den Entwicklungsprozess ein bisschen herunter. Wie verlief er Prozess der Ideenfindung und -ausgestaltung?
Quirin Nebas: Zunächst einmal habe ich mir das Publikum vor Augen geführt: Menschen, die eine Ausstellung bewusst und geplant besuchen, und Menschen, die eine Ausstellung spontan erkunden, weil ein Thema sie neugierig macht. Um möglichst viele Besucher:innen anzusprechen und zur Interaktion mit einem Ausstellungsobjekt zu motivieren, ist es mir wichtig, nicht zu viel von den Besuchenden zu fordern. Dass ich sie also vor keine oder nur geringe Hürden stelle und sich eine Interaktion möglichst von selbst ergibt. Also dachte ich über das nach, was Menschen ohnehin in einer Ausstellung machen: laufen, stehen, sitzen.
Ich dachte über das nach, was Menschen ohnehin in Ausstellungen machen: laufen, stehen, sitzen
Daraus entstand die Idee eines ebenerdigen Elements, auf dem man stehen und sich bewegen kann. Ich habe also eine Platte entworfen, die mit Gewichtssensoren ausgestattet ist. Die Art, wie man darauf steht oder darüber läuft, triggert eine Audioreaktion – und ermöglicht somit eine Interaktion.
Eine zweite Idee knüpft daran an, geht aber sprichwörtlich einen Schritt weiter: Auf einem zweiten Board ist Balance gefragt. Besucher:innen stehen hier nicht auf ebenerdigem Boden, sondern auf einem Untergrund, der sich ein bisschen unter Füßen bewegt.
ligeti zentrum: Welche Perspektiven fließen in das Projekt ein?
Quirin Nebas: Generell begegne ich dem Projekt aus zwei Blickwinkeln. Der eine ist der Designansatz, bei dem man eine Lösung für ein bestimmtes Problem oder eine Aufgabenstellung zu finden versucht. Der andere ist meine persönliche künstlerische Perspektive. Visuelle Kunst und Musik begleiten mich schon mein Leben lang. Auch durch meine Studien in Kommunikationsdesign und Sound/Vision bin ich es gewöhnt, Design, Musik und Performance zu kombinieren. So wurde das Projekt – auch wenn es bei meinem Start im ligeti zentrum schon einen groben Projektentwurf gab – sehr schnell zu meinem eigenen.
Allgemein kommen im ligeti zentrum viele Perspektiven zusammen. Der freie Austausch mit Kolleg:innen, der gerne auch mal spontan durch Gespräche im Flur entsteht, ist unglaublich wertvoll. Alle sind vielseitig interessiert und – wenn sie Zeit haben – bereit, Input zu geben. Vor allem Ideen aus dem InnoLab waren bisher besonders hilfreich.
Die „Test-Häppchen“ für ein Live-Publikum sind für die weitere Entwicklung besonders wichtig, um abzugrenzen, was gut oder weniger gut funktioniert
ligeti zentrum: In welchem Stadium befindet sich das Projekt aktuell?
Quirin Nebas: Mittlerweile gibt es erste Prototypen, die ich bei unterschiedlichen Events zeige – sowohl in Bezug auf die Hardware, also die Sensoren, die in den Boards verbaut sind, als auch auf die Klangerfahrungen, die durch die Interaktion damit ausgelöst werden. Diese „Test-Häppchen“ für ein Live-Publikum sind für die weitere Entwicklung besonders wichtig, um abgrenzen zu können, was gut oder weniger gut funktioniert. Ich versuche dabei, von einem möglichst breiten Publikum Feedback zu bekommen. Das ligeti zentrum bietet einen speziellen Rahmen, weil hier viele Fachleute sind, die die Technik genau verstehen oder den Klang ganz genau betrachten. Im Austausch mit der breiten Öffentlichkeit suche ich nach einem ganz freien, unbedarften Blick.

Bis zur finalen Ausstellung wird noch etwas Zeit vergehen. Aber öffentliche Präsentationen der Prototypen zeigen schon jetzt, dass da etwas kommt
ligeti zentrum: Erste Projektmodelle sind immer spannend, weil sie theoretische Überlegungen Sicht- und greifbar machen. Wie geht es nun weiter?
Quirin Nebas: Die Feedback-Runde wird einen interessanten Einblick geben. Darauf aufbauend werde ich weitere Interaktionsmöglichkeiten testen. Schlussendlich geht es immer um die Kombination von körperlichen Interaktionen und auditiven Erfahrungen, die dadurch ausgelöst werden. Im Endeffekt arbeite ich darauf hinaus, eine Ausstellung mit verschiedenen Erfahrungen zu entwickeln, die auch einen gewissen dramaturgischen Ansatz erlaubt. Dabei geht es weniger um die Sache in einem Raum, sondern um die Erlebnisse, die damit möglich sind.
Bis zur finalen Ausstellung wird auf jeden Fall noch etwas Zeit vergehen. Aber öffentliche Präsentationen der Prototypen zeigen schon jetzt, dass da etwas kommt.
Klangskulpturen @ Rundgang Finkenau
In der Weiterentwicklung der Prototypen ist der persönliche Austausch mit potentiellen Zielgruppen von zentraler Bedeutung. Die nächste Gelegenheit bietet sich am Donnerstag, den 31. Juli 2025, und Freitag, den 01. August 2025, auf dem Rundgang Finkenau der HAW Hamburg. Zum Ende des Sommersemesters stellen Studierende und Absolvent:innen der Departments Design, Medientechnik und Information in allen Räumen und Fluren ihre Projekte vor. Als Absolvent der Fakultät und im Rahmen des Verbunds im ligeti zentrum stellt Quirin Nebas hier sein Projekt Klangskulpturen vor.

Klangskulpturen @ Rundgang Finkenau
Donnerstag, 31. Juli 2025 (Opening Night)
18:00-23:00 Uhr
Freitag, 01. August 2025
14:00-20:00 Uhr
HAW Hamburg – Fakultät DMI
Finkenau 35, 22081 Hamburg